Ein dänisch-deutsches Konsortium forscht an der Entwicklung eines Impfstoffs, der vor Harnwegsinfektionen schützen soll. Das Projekt SVEET (Sugar-modified Vaccine Epitopes; Exploration and Translation) wird vom deutschen DLR und dem Innovationsfonds Dänemark mit 702 800 Euro im Rahmen des eurostars®-Programms gefördert.
Es besteht ein dringender und weltweiter Bedarf an der Entwicklung effizienter bakterieller Impfstoffe. Eine Harnwegsinfektion zum Beispiel kann für hospitalisierte Patientinnen und Patienten tödlich enden. In dem deutsch-dänischen Projektkonsortium führen die beteiligten Einrichtungen ihre unterschiedlichen Expertisen zusammen, um ein glykosyliertes bakterielles Impfstoffprotein zu entwickeln und zu testen. Dieses Impfstoffprotein soll dann hinsichtlich Immunogenität und Selektivität optimiert werden. “Dies wird der erste Impfstoff sein, der auf diese Weise entwickelt wurde”, erklärt Projektleiter und GlyProVac-Geschäftsführer Anders Boysen.
In Zusammenarbeit mit dem Universitätskrankenhaus Odense, Dänemark, wird GlyProVac ein Impfstoffprotein mit optimierter O-verknüpfter Proteinglykosylierung entwickeln. Solche Proteine sind besonders immunogen und GlyProVac ist spezialisiert auf die Entdeckung und Validierung dieser neuen Klasse von Antigenen. Für das SVEET-Projekt entwickelt GlyProVac sein Impfstoff-Antigen GPV02 weiter, das auf e. coli-Bakterienstämme abzielt. Diese verursachen nicht nur einfache Harnwegsinfektionen, sondern auch schwere und oft tödliche Infektionen in Risikogruppen von Patientinnen und Patienten. Das optimierte Impfstoffprotein soll dann an Großtiermodellen für komplexe Harnwegsinfektionen getestet werden. Die Tiermodelle werden im Rahmen des Projekts vom Universitätsklinikum Odense entwickelt.
Zur Optimierung des Impfstoffs werden das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI und epitopic die für eine effiziente Impfung relevanten Epitope identifizieren und weiterentwickeln. Unter Leitung von Dr. Nicolas Delaroque erarbeitet das Projektteam der Fraunhofer IZI-Arbeitsgruppe Liganden-Entwicklung zudem immunanalytische Verfahren für die Impfstudien, die dann am Universitätsklinikum Odense durchgeführt werden. Anhand von Antikörpern, die gegen die Glykosylierung gerichtet sind, wird eine Software entwickelt, die in silico Peptid-Mimotope aus den Next-Generation-Sequencing Daten von Phage-Display-Experimenten errechnet. Dies wird neue Wege für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen eröffnen.
Das im April 2021 gestartete SVEET-Projekt wird über einen Zeitraum von drei Jahren durchgeführt. Das Vorhaben setzt auf eine langjährige Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Projektpartnern auf. Mit der gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsarbeit können sie ihre eingebrachten spezifischen Technologien weiterentwickeln und damit ihre Fähigkeit in der Impfstoffentwicklung weiter ausbauen.
Über die Projektpartner
Die epitopic GmbH nutzt proprietäre Methoden zum schnellen und präzisen Epitop-Fingerprinting von Antikörpern. Epitopic ist eine Ausgründung aus einem ZIM-Projekt zwischen dem Fraunhofer IZI und der Polyquant GmbH und bietet heute Kunden weltweit unübertroffene Epitop-Mapping-Services an.
GlyProVac LLC wurde 2018 von CEO Anders Boysen und CBDO Ann Zahle Andersen in Odense, Dänemark, gegründet. GlyProVac ist eine Biotech-Ausgründung der University of Southern Denmark (SDU). GlyProVacs proprietäre Plattformtechnologie BEMAP ermöglicht die Identifizierung und Herstellung von bakteriellen 0-verknüpften glykosylierten Proteinen. O-verknüpfte glykosylierte Proteine sind besonders immunogen und GlyProVac ist auf die Entdeckung und Validierung dieser neuen Klasse von Antigenen spezialisiert.
Das Universitätskrankenhaus Odense Arbeitsgruppe Klinische Biofilme in der Abteilung für Klinische Mikrobiologie verwendet innovative in vitro Infektionsmodelle, die die wichtigsten Schritte der Pathogenese reproduzieren sollen. Zur Unterstützung der in vitro Forschung verfügt die Gruppe über verschiedene Tiermodelle für Infektionskrankheiten, die in Zusammenarbeit mit lokalen Krankenhausabteilungen entwickelt wurden. Die kombinierte experimentelle Plattform ermöglicht detaillierte Studien der Infektionspathogenese und dient als Testplattform für die Entwicklung neuartiger Antimikrobiotika, Impfstoffe und biokompatibler Gerätematerialien.
Das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI erforscht und entwickelt spezielle Problemlösungen an den Schnittstellen von Medizin, Biowissenschaften und Ingenieurswissenschaften. Eine der Hauptaufgaben besteht dabei in der Auftragsforschung für biotechnologische, pharmazeutische und medizintechnische Unternehmen, Kliniken, diagnostische Labore sowie Forschungseinrichtungen.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) weiten ihre Unterstützung für pharmazeutische Unternehmen bei der Entwicklung neuer Arzneimittel gegen Covid-19 nochmals aus.
Impfstoffe sind derzeit ein großer Hoffnungsträger. Schließlich sollen sie dabei helfen, die Gesellschaft gegen COVID-19 zu wappnen und den Weg zurück in ein normales Leben zu ebnen. Zwar liegt der Fokus derzeit klar auf dem Corona-Virus – doch sind Impfstoffe gegen andere Krankheitserreger ebenfalls elementar. Ein Forscherteam aus drei Fraunhofer-Instituten hat nun eine, im Vergleich zur herkömmlichen Herstellung, effizientere, schnellere und umweltfreundliche Produktion von Vakzinen entwickelt – und erhält dafür den Fraunhofer-Preis »Technik für den Menschen und seine Umwelt«.