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Mit dem molekularen „Staubsauger“ gegen Blutarmut bei Altersleukämie

Bei Menschen mit myelodysplastischen Syndrom (MDS), einer zumeist gutmütigen Form der Altersleukämie, produziert der Körper zu wenig funktionstüchtige Blutzellen. Sie leiden an einer Anämie, im Volksmund auch „Blutarmut“ genannt, die eine Vorstufe zur akuten Leukämie sein kann. Für die Patienten gibt es bisher außer regelmäßigen Bluttransfusionen kaum Behandlungsmöglichkeiten. Das Medikament Luspatercept, das im übertragenen Sinne wie ein „Staubsauger“ fungiert, konnte in einer Studie der deutschen MDS-Studiengruppe die Blutwerte von Betroffenen deutlich verbessern. Die weltweite Nachfolgestudie unter Leitung von Prof. Dr. Uwe Platzbecker hat die Wirksamkeit des Präparats bestätigt. Sie wurde kürzlich im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht.

MDS zählt zu den häufigsten bösartigen Bluterkrankungen des Knochenmarks, die vor allem ältere Menschen betrifft. Etwa 80 bis 90 Prozent der Patienten werden mit regelmäßigen Transfusionen von Erythrozytenkonzentraten, also roten Blutkörperchen, behandelt. Auf die Dauer kann das jedoch die Symptome nicht entscheidend verbessern und auch zu Eisenüberladung und Organschädigungen führen. Die Ursachen der Erkrankung sind multifaktoriell. „Wir wissen, dass ursächlich eine oder mehrere genetische Veränderungen in der Stammzelle des Knochenmarks vorliegen müssen, damit MDS entsteht. Parallel haben unsere Forschungsergebnisse auch gezeigt, dass die Knochenmarkumgebung und bestimmte Hormone, die sich negativ auf die Blutbildung auswirken können, ganz wesentlich zur Entwicklung der Erkrankung beitragen“, sagt Prof. Dr. Uwe Platzbecker, Professor für Hämatologie an der Universität Leipzig und Leiter des Bereichs Hämatologie und Zelltherapie am hiesigen Universitätsklinikum.

229 Patienten nahmen an der Untersuchung teil
In einer weltweiten Phase-III-Studie wurde nun das Medikament Luspatercept auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen getestet. Die Substanz wirkt wie ein molekularer Staubsauger, in dem sie negative „Hormone“ aus dem Knochenmark entfernt und so die Blutbildung ankurbelt. 229 Patienten nahmen an der Untersuchung teil: 153 von ihnen bekamen 24 Wochen lang das Medikament Luspatercept, die anderen 76 Placebo. Im Ergebnis benötigten rund 38 Prozent der Teilnehmer mit Luspatercept mindestens acht Wochen lang keine Bluttransfusion. In der Placebo-Gruppe waren es nur 13 Prozent. 28 Prozent der Patienten, die das Medikament einnahmen, waren sogar mehr als 12 Wochen transfusionsfrei (Placebo: 8 Prozent). „Luspatercept kann für viele Betroffene eine gut verträgliche und vor allem hocheffektive Therapie sein. Viele Teilnehmer der Untersuchung blieben zum Teil über mehrere Jahre transfusionsunabhängig. Wir haben damit eine neue Therapieoption für eine Patientengruppe entwickelt, für die es bislang außer Transfusionen keine Behandlungsoptionen gibt“, so Platzbecker. Zudem zeichnet sich Luspatercept auch durch ein gutes Nebenwirkungsprofil aus: Die Studienteilnehmer berichteten lediglich etwas vermehrt Müdigkeit, Durchfall, Übelkeit und Schwindelgefühle.

Medikament fängt Hormone ein
Das Präparat Luspatercept wird als sogenannte Liganden-Falle bezeichnet. Das bedeutet, dass es Hormone anzieht und einfängt, die die Bildung der roten Blutkörperchen im Knochenmark unterdrücken. Sind diese Hormone eingefangen, kann die Blutbildung wieder wie gewohnt ablaufen. Für das Medikament wurde nun die Zulassung in den USA und in Europa beantragt. „Wir hoffen, dass es Ende 2020 in Deutschland auf den Markt kommt“, so Prof. Dr. Uwe Platzbecker. In der Zwischenzeit plant die Deutsche MDS-Studiengruppe unter der Leitung von Prof. Platzbecker aktuell weitere Folgestudien, in denen der Wirkstoff mit anderen Substanzen kombiniert wird, um die Ansprechraten zu erhöhen. Die aktuelle Studie wurde von Celgene in Zusammenarbeit mit Acceleron Pharma unterstützt.

Originaltitel der Veröffentlichung in „New England Journal of Medicine“: 
Luspatercept in Patients with Lower-Risk Myelodysplastic Syndromes,
DOI: 10.1056/NEJMoa1908892

Dr. Katarina Werneburg

Quelle: Pressemitteilung der Universität Leipzig vom 20. Januar 2020


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